Im Dickicht des Pelion

 

Im Dickicht des Pelion

 

„Horefto ist ein kleines Fischerdorf zu Füßen des nördlichen Pilion und gleichzeitig der Schiffsplatz des großen reichen, an der Hüfte des Pilion gelegenen Zagora. Ein Zickzackweg aus rohen Steinen, in langen Stufen getreppt, verbindet die beiden Orte. Lastbare Mulis besorgen den Transport von Nüssen, Äpfeln, Kastanien und Unmassen fetter glibberiger Oliven. Motorboote haben von dort eine Tagereise bis zur Hafenstadt Volos. Es gilt, den ganzen langen schenkelförmigen Südzipfel des Pilion, das Land Magnesien, zu umfahren. Segelschiffe, besonders wenn sie schwer geladen haben, brauchen mehrere Tage. Da sind nätürlich auch Möglichkeiten, die Waren gleich die Ägäis hinauf nach Saloniki zu schaffen. Jedoch, sehr beliebt ist das nicht. Die Ägäis aufwärts, an den Steilküsten des Pilion und Ossa entlang, ist gefährlich. Die Ägäis abwärts hat mehr Schlupfwinkel, Häfen, schützende Buchten. Das Wetter bei uns ist nicht immer gut. In ganz Hellas schimpft man es das unzuverlässigtse gefährlichste Wetter. So wie dieses Wetter, so sind unsere Menschen…“
So beginnt der Roman „Im Dickicht des Pelion“ von Werner Helwig. Erzählt werden die Erlebnisse eines Fremden, dem er den Namen Clemens gibt. Clemens, ein Sonderling, ist schon seit zehn Jahren in Hellas und hat einige „Schicksale, die ich ihn hoch hinauftrugen und tief hinabstürzten“ hinter sich. Er setzt sich ein für Charikli, die „Freudenspendende“, die sich erst heimlich dem Fischer Jorgos versprochen hat und ihn dann gegen den Willen der Eltern heiratet.

Natürlich sind alle hinter Charikli her. Clemens verteidigt sie gegen alle, die ihr gegen ihren Willen zu nahe kommen, besonders gegen den Raufbold Mitscheas. Im Kampf gegen Mitscheas verliert Clemens fast sein Leben. In Flamburi werden Arbeiter für einen Kapellenbau gesucht. So macht sich Clemens in die Wildnis des nördlichen Pilion auf, in der Hoffnung, dem Herbst mit seinen Stürmen und Regenböen zu entfliehen und ein warmes Dach über dem Kopf zu haben. Vielleicht ist es überhaupt das beste, Mönch zu werden, einen neuen Namen zu bekommen und so der Welt des Bösen zu entfliehen…

Der Autor Werner Helwig wurde am 14.01.1905 in Berlin geboren und besuchte seine Liebe Griechenland auf drei Reisen zwischen 1935 und 1938. Sie führten ihn in das Piliongebirge, auf dem Schiff durch die Ägäis und das Ionische Meer. Er starb am 04.02.1985 in Genf. Im „Dickicht des Pelion“ entstand 1941 und ist mit den Romanen „Raubfischer in Hellas“ (1939) und „Reise ohne Wiederkehr“ (1953) Teil seiner Hellas-Trilogie. Wir danken der Rechtsnachfolgerin des Autoren, Frau Ursula Prause für die Genehmigung, einen Auszug aus dem Buch in unserer Zeitung veröffentlichen zu dürfen.

Anmerkung der Redaktion: Da das Buch derzeit vergriffen ist, kann man es nur gebraucht über die entsprechenden Internetanbieter erwerben.

 

Günter Schmidt

Jenseits vom Epirus Ein Roman von Nikos Themelis

 

Jenseits vom Epirus
Ein Roman von Nikos Themelis

 

Ende des 19. Jahrhunderts im Epirus. Der Norden des heutigen Griechenlands gehört zum osmanischen Reich. Es gibt regen wirtschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen den Völkern dieses Großreiches, aber die dunklen Wolken künftiger Kriege um die Aufteilung des osmanischen Reiches ziehen am Horizont auf. Noch sind es vor allem die Griechen, die in ihren Siedlungsgebieten einen sichtbaren wirtschaftlichen Aufschwung erleben.Vor diesem Hintergrund führt uns der 1947 in Athen geborene Autor Nikos Themelis mit seinem Roman “Jenseits vom Epirus” in die Welt seines Großvaters Nikolas ein. Nikolas wächst im Epirus auf. Als junger Mann kommt er auf die Insel Lesbos und danach in die blühende Metropole Smyrna. Von Smyrna führt der Lebensweg seiner Familie nach Konstantinopel. Die Kriege des beginnenden 20. Jahrhunderts verschlagen die Familie dann in das griechische Königreich.

 

Nikos Themelis erzählt mit großem Einfühlungsvermögen und einer besonderen Sensibilität für die Menschen jener Zeit die Geschichte des Lebens seines Großvaters und seiner Zeit. Er wählt dazu 6 unterschiedliche Personen, die aus ihren Blickwinkeln jeweils über die einzelnen Etappen des Lebens des Nikolas berichten. Die Ereignisse der 6 Kapitel sind teilweise miteinander verwoben, ohne dass diese Erzählform das Buch unübersichtlich machen würde. Nein, es ist eher so, dass wir den Personen näher kommen, weil wir ihnen aus verschiedenen Blickwinkeln begegnen und sie und ihr Handeln tiefgründiger empfinden.
So lernen wir den jungen Nikolas und seine Prägung auf der Insel Lesbos im Örtchen Molivos kennen. Lesbos war zu jener Zeit sowohl von Griechen als auch Türken bewohnt. Dazu kamen noch Armenier, Albaner und Menschen anderer Nationalitäten. Am Bau einer modernen Ölmühle beteiligen sich unter der Leitung eines griechischen Bauherren, wie es eben üblich war, Menschen unterschiedlicher Volksgruppen. Man tolerierte die unterschiedlichen Religionen und Lebensweisen und viele Dinge des Lebens wurden gemeinsam erlebt und vollbracht. Wenn die Bauleute sich von ihrer anstrengenden Arbeit erholen wollten, besuchten sie gemeinsam den Hamam, das türkische Bad. Oder sie saßen in einem der vielen kleinen Kaffeehäuser und erzählten sich Geschichten bei einem Gläschen Raki.
Es ist die detailreiche Schilderung des Alltäglichen, die vielen kleinen Dinge des normalen Lebens, die diesen Roman so überraschend lebendig und gleichzeitig spannend machen. Man spürt, welche Dinge tatsächlich Einfluss auf die Menschen und ihre Entwicklung haben. Und dies ohne politische Belehrungen oder den erhobenen Zeigefinger.

Der Roman ist ein Plädoyer für das Zuhören und Hinsehen, das Erkennen des Wertes der anderen Kultur und Lebensweisen. Er erweckt die Sehnsucht nach einem friedlichen Miteinander der Menschen. Aber wir verspüren zugleich auch den Schmerz. Den Schmerz über das unwiderbringbar Verlorengegangene. Als in Folge der türkisch/griechischen Kriege und des Friedensvertrages von Lausanne die ethnische Trennung beschlossen wurde, verloren Millionen Menschen ihre Heimat und damit ihre Wurzeln. So ging die griechische Metropole Smyrna unter und verwandelte sich in das türkische Izmir. Die Türken mussten Nordgriechenland und die Inseln verlassen. Und mit den Menschen gingen auch ihre Kulturen, Religionen und Lebensweisen. Nikos Themelis vermittelt dieses Gefühl des Verlustes in beide Richtungen. Sowohl in die griechische als auch in die türkische. Und mit etwas Phantasie kann man erste Ahnungen davon bekommen, was die Völker des östlichen Mittelmeers gewinnen würden, wenn sie zu einer friedlichen gemeinsamen Zukunft kommen könnten. In Deutschland löst es gelegentlich Verwunderung aus, wenn sich immer mehr Menschen Griechenlands für eine Aufnahme der Türkei in die EU einsetzen. Wie ist das nur möglich, Griechenland und Türkei das sind doch Erzfeinde, die sind doch wie Feuer und Wasser? Vielleicht kann dieses so “unpolitische” Buch uns manche Antwort auf diese Fragen geben. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Originalausgabe nach Angaben des Piper Verlages in Griechenland seit mehreren Jahren in den Bestsellerlisten auftaucht.
Wir haben uns in Deutschland bereits daran gewöhnt, dass wir in alle Himmelsrichtungen offene Grenzen haben und nicht militärisch bedroht sind. Daher sollten wir es eigentlich umso mehr verstehen, wenn Griechen und Türken sich eine ähnliche Zukunft wünschen. Dieses Buch bringt uns diese Menschen näher. Vielleicht kann es auch ein wenig dazu beitragen, dass wir Deutschen etwas mehr Mut und Verantwortung aufbringen, wenn es um unseren Beitrag für eine friedliche Entwicklung im östlichen Mittelmeerraum geht.

 

Leseprobe

Nikos beugte sich hinunter und sagte zu Ihm: “Mehmet warum gefällt dir der Hamam?” “Weil er mich an meine Heimat erinnert, an das, was meine Großväter und die Großväter meiner Großväter erschaffen geschaffen haben?” “Wenn die Erde bebt, ein mächtiges Beben, Mehmet, wenn das Unterste zuoberst kommt, was soll stehenbleiben, dieser Hamam oder die Öhlmühle?…” Und als Nikos fragte: “Warum der Hamam und nicht die Ölmühle?”, erwiderte er: “Weil er mit einer Meisterhaftigkeit gebaut ist, wie es keine zweite gibt, aber Ölmühlen können wir zwei-, dreimal und immer wieder aufbauen.?” Und der Maultiertreiber gab zur Antwort, auch er würde den Hamam retten, und auf die Frage warum, sagte er, der Hamam sei etwas, das ihm gehöre, auch wenn das natürlich nicht so sei, hingegen für die Ölmühle, für die könne er niemals ein solches Gefühl empfinden …

Christian Schwarzenholz

 

Klippenkloster in Thessalien

Klippenkloster in Thessalien

Da das Dunkel abrann in weite Mulden,
versickernd durch Buschwerk und Schilf in Sümpfe, traten hervor in klaren Tag
die Felsen von Kalabaka, wie riesige Pfähle, daran die Unsichtbaren ihre Himmelsschiffe vertäuen.
Hängende Leitern erklomm ich
zum Kloster empor, das auf dem Gipfel wuchs, Kristall der Toten, umwittert von Angst
Durchs Fenster eindringend in das Refektorium:
Da saßen an den Speisetischen,
erstart beim ewigen Abendmahl,
Mönche, Mumien von Mönchen ,
in ihre Kutten eingeschnürt,
mit kleinen Stöcken im Genick,
die ihren Leibern Haltung gaben.
Was Auge war, lag in des kleinen Schädels Höhle, ein Klümpchen, grau verwittert,
und wüst vom Haar der Braunen überwachsen.
Der Abt mit Mitra und Stab
Steif angebunden seinen Thron,
des´ Lehne reich beschnitzt, ihn überragte mit goldenem Lamm und rotbemaltem Herz.
Ich schritt mit mürben Knien,
und hinter mir das Licht erfüllte
unsicher tastend das Geviert des Saals,
aufhellend nach und nach mit Abendstrahlen die bunten Heiligen auf weißgekalktem Grund.
Und funkelnd, glimmernd, sprühend
Das Kettenkreuz des Abtes
Schlug mich in frommen Bann.

 

Werner Helwig

Martin Pristl: Gebrauchsanweisung für Griechenland

 

 

Martin Pristl: Gebrauchsanweisung für Griechenland

 

 

Aber was er hier verzapft hat, ist göttlich-humorvoll und verleitet den GR-Reisenden zu permanentem Schmunzeln, zeitweiligem Kopfnicken und letztlich auch zu lauten Ausrufen “genau meine Meinung!” oder “das gibt`s doch gar nicht!” Und immer, wenn man glaubt eine Tendenz oder ein Vorurteil bestätigt zu sehen, wird der Leser gleich vom Gegenteil überzeugt. Hier erfährt man viel darüber dass es Esel, Großfamilien, Dosencontainer kaum noch gibt, dass Athen einmal im Jahr fast völlig ausgestorben ist und dennoch an anderen Tagen hochinteressant ist (“Wenn Sie feststellen: Athen ist phantastisch! Einfach grauenvoll! Dann haben Sie es genau getroffen.”) und dass ein “Expressbrief nach Deutschland ungefähr vier Tage unterwegs” ist – drei Tage bis zum Flughafen und dann …Aber der Leser erfährt auch interessante Fakten wie:
  • es gibt durchschnittlich 300 Sonnentage pro Jahr
  • 3000 griechische Inseln
  • kein Ort ist mehr als 100 km vom Meer entfernt
  • in GR ticken die Uhren nach einem eigenen Rhythmus
  • grundsätzlich kommt alles anders als man geplant (positiv zu sehen!)
  • zum Sitzen auf den Holzstühlen benötigt man gleich drei: einen zum Sitzen (über Eck), einen für die Füße und einen für die Arme…
Weitere Themen, die Geist und Seele erfrischen sind: Die Familie, das Osterfest, das Cafenion, echt griechisch essen gehen (am besten da, wo es am ungemütlichsten scheint und grelle Neonlampen leuchten…), Umgang mit Wasser, Politik und Geschichte, “Vom Klo und so”, Feiern mit Kostas, Mythos und (Aber-)Glaube, “Nein heißt ja und übermorgen nie”, etc. Und am Schluss folgt noch ein Glossar der bekanntesten “deutschen” Wörter, die aus dem Griechischen stammen.Wer dieses Buch GEBRAUCHSANWEISUNG FÜR GRIECHENLAND für 12,90 Euro beim PIPER Verlag ersteht, hat alle Weisheiten über die Griechen “für sich gepachtet”. Der Autor selbst sagt im Vorwort:

“Das haben Gebrauchsanweisungen schließlich so an sich: Sie zwingen den Leser, sich selbst mit der Materie auseinander zu setzen. Indirekt schafft sie damit Klarheit. Denn kaum hat man die undurchsichtige Anleitung seines neuen Videorekorders durchgelesen, wirft man sie schon in die Ecke, drückt ungeniert auf verschiedenen Knöpfen herum und beginnt, sich selbst einige Gedanken zu machen. Über den Videorekorder wie über eine fremde Kultur.”

Viel Spaß beim Lesen

Martin Pristl Gebrauchsanweisung für Griechenlandca. 191 Seiten Integralbindung
Piper Verlag
ISBN 3-492-27503-612,90 Euro

Leseprobe:

Ich wollte mein Auto, kurz bevor er in Deutschland zum TÜV musste in Griechenland vorher durchchecken lassen. Aus dem Gedächtnis:

MEISTER: Was gibt`s, mein Freund?

ICH: Ich wollte nur meinen Wagen durchsehen lassen.

MEISTER: Was hat er denn?

ICH: Nichts Bestimmtes. Vielleicht können Sie mal nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Habe eine lange Fahrt vor mir.

MEISTER (etwas irritiert): Ja, springt er nicht an oder was?

ICH: Doch, doch, prima, nur …

MEISTER: Was ist mit den Bremsen?

ICH: Die sind okay, aber…

MEISTER (beinahe verärgert): Ja, was willst du dann von mir? Sei doch froh, dass die Kiste läuft!

Ali Schultze

 

Neue und alte Bücher

Neue und alte Bücher

Griechenland neu entdecken
Soeben erschienen ist ein neues Merian-Heft unter dem Motto “Griechenland neu entdecken”. Beschrieben werden unter anderem die Ouzi-Destillerien auf Lesbos, die am Berg Athos lebenden Mönche und die Familien der Schäfer auf Kreta. Das Heft umfasst einen herausnehmbaren Faltplan, einen übersichtlichen Info-Teil mit der Inselwelt und allen wichtigen Sehenswürdigkeiten.

Xanthe. Eine Liebe in Troja
Von Arte-Lesern in die Bestseller-Liste gewählt wurde das im Juli 2004 erschienen Buch “Xanthe. Eine Liebe in Troja.”. Mitreißend erzählt die Autorin die dramatische Geschichte zweier trojanischen Schwestern und dem stattlichen Mann Alastor. Aber wie die Mnschen sich auch entscheiden mögen, die Entscheidung wird oben auf dem Olymp getroffen. Das Buch ist bei Carlsen erschienen (ISBN 3-551-58084-7) und kostet 15 Euro.

Jokers
Eine wahre Fundgrube für griechisches ist der Katalog von Jokers geworden. Hier gibt es historische Romane ab 2,50 Euro (Die Rebellin, Teleganos – Sohn der Liebe, Die Abenteuer der schönen Chariklia, Sokrates antwortet, Fabeln der Antike, Platon – sämtliche Dialoge in 7 Bänden), einen Bildband für 5,95 Euro, ein Familienspiel unter dem Namen Ulysses, Finks Einführung in die griechische Sprache, das Byzantische Reich, die CD-ROM vom Leben in der Antike, Mythologie und eine Zypern-DVD. Alles in der Ausgabe 5/05 bei Jokers restseller, 86122 Augsburg, www.jokers.de, Tel. 0180-5354329, Fax 0821-7004369.

Humanitas Buchversand
Griechisches gibt es auch beim Humanitas Buchversand in 56291 Wiebelsheim, www.humanitas-book.de, Tel. 06766-903200, Fax 903320. Dort gibt es folgende preiswerte Bücher: Auf Geistespfaden Griechenlands, Kunst und Kultur der Westgriechen, Zypern-Reiseführer und Die griechische Komödie.

 

Günter Schmidt